WiR und UWG zum Pakt für den Nachmittag

In der letzten Sitzung der Gemeindevertretung Roßdorf lag auch ein Antrag der Fraktion Bündnis90/GRÜNE vor, dass die Gemeinde Roßdorf die Erhöhungen von 20 € pro Jahr für den „Pakt für den Nachmittag“ für Schüler aus Roßdorf übernehmen soll.

 

Was ist eigentlich der "Pakt für den Nachmittag"?

Viele Eltern mit schulpflichtigen Kindern wissen das sicherlich, aber WiR zitieren von der Seite des hessischen Kultusministeriums:

 

Der „Pakt für den Nachmittag“ (PfdN) beruht auf einer Kooperationsvereinbarung über die Einführung von ganztägigen Angeboten für die jüngsten Schülerinnen und Schüler, die zum Schuljahr 2015/2016zunächst mit sechs Pilot-Schulträgern geschlossen wurde. Im „Pakt für den Nachmittag“ übernehmen Land und Schulträger erstmals gemeinsam Verantwortung für ein integriertes und passgenaues Bildungs- und Betreuungsangebot. Alle Grundschulen und Grundstufen von Förderschulen, die dies wünschen, sollen in den „Pakt für den Nachmittag“ aufgenommen werden. Im Schuljahr 2021/2022 beteiligen sich bereits mehr als 80% der Schulträger in Hessen mit insgesamt 349 Schulen an der Umsetzung des PfdN.

 

Trotz der in allen Fraktionen bekannten Tatsache, dass in Roßdorf aktuell weder ein genehmigter Haushalt für das laufende Jahr, noch die Abschlüsse des Vorjahres vorliegen, und auch der vorläufige Jahresabschluss für 2021 ein Defizit von 3,7 Mio. € aufweist zog die GRÜNE-Fraktion den Antrag nicht zurück. Der Pakt für den Nachmittag ist vom Land Hessen und dem Schulträger, in unserem Fall ist der Schulträger der Landkreis und nicht die Gemeinde das Betreuungsangebot und damit auch die Finanzierung.

 

Aktuell subventioniert der Landkreis als Schulträger bereits das Programm mit ca. 2,3 Mio. €. Die Erhöhungen sind Bestandteil des von der Kommunalaufsicht auferlegten Sparprograms, da der Haushalt des Kreises stark defizitär ist.

Aufgrund des Sparprogramms im Landkreis, sollen die Gebühren, die Eltern für den Pakt für den Nachmittag zahlen müssen, nun noch weiter erhöht werden. Bei der Elternschaft regte sich dadurch Widerstand und es wurde mit Unterstützung der GEW auch eine Online Petition gestartet, mit mehr als 2000 Unterschriften.

 

Durch unsere Mitglieder der UWG im Kreistag des Landkreis Darmstadt-Dieburg, haben WiR im Vorfeld die folgenden Informationen dazu erhalten, die auch in der Presse bereits diskutiert worden sind:

Im Kreishaushalt ist eine Liste sog. "Konsolidierungsmaßnahmen" zu finden. Auf Seite 774 unter Nr. 4 findet man dort die "Erhöhung der Elternbeiträge im "Pakt für den Nachmittag" auf 80 bzw. 150 € in 2021 und 2022. Im zugehörigen Erläuterungstext auf S. 775 findet sich folgende Erläuterung: "Erste Erhöhung zum 01.08.2022 auf 80 €, dann sukzessive auf 90 € bzw. 100 €."

 

Diese Kommentierung widerspricht den bislang unwidersprochenen öffentlich bekannten Informationen zum Pakt für den Nachmittag, nach denen der Landkreis seine jährlichen Zuschüsse von bisher

350 €/Kind um 12*20 € = 240 €/Kind auf fortan 110 €/Kind pro Jahr reduziert hat.

 

Im Haushaltsentwurf des Landkreises findet man weitere Streichungen von Mitteln für die Schulen in Höhe von fast 300.000 €:

  • Laufende Nr. 2: Andere "Zuwendungen für das Projekt Betreuungsangebote an Grundschulen" in Höhe von 42.000 € werden gestrichen.
  • Laufende Nr. 3: Verzicht des Landkreises auf die Teilnahme am Modellprojekt "Ganztag 14:30+", für das zuvor ein Volumen von 246.780 € vorgesehen war.
    (Hintergrund ist, dass mit diesen Modellprojekten an zwei Grundschulen, der Übergang in die "Ganztagsregelschule 14:30 Uhr+" erprobt werden sollte, die ab dem Jahr 2026 durch das Land Hessen flächendeckend eingeführt werden wird.)

Die Fraktion FW/UWG im Kreistag Darmstadt-Dieburg, die WiR ja bekanntlich unterstützen und Teil der unabhängigen Wählerliste sind, bedauert diese Vorschläge der Verwaltung, die offenbar von der Kreiskoalition unterstützt werden. Sie macht deutlich, dass die unbeholfenen Bemühungen der Kreisverwaltung, auch nur kleinste Schritte hin zu einer Konsolidierung des Haushaltes zu gehen, nicht durchdacht, nicht tragfähig, nicht zu Ende gerechnet, unausgewogen und unsozial sind.

 

Ja es ist richtig, dass diese Einsparungen in der Betreuung und Erhöhung der Beiträge vor allem Familien mit mehreren schulpflichtigen Kindern und Familien mit eher niedrigen Einkommen treffen. Gleichzeitig entstehen für Familien, die im Hartz-IV- oder Sozialgeld-Bezug sind, zusätzliche Kosten an anderer Stelle des Kreishaushaltes. Insbesondere sozial benachteiligte Familien werden nun eher davon abgehalten, ihre Kinder in die Nachmittagsbetreuung zu geben. Es sind also oft gerade jene Kinder betroffen, die eine intensive Betreuung benötigen. Das gilt in gleichem Maße für den Verzicht auf die Teilnahme am Modellprojekt "Ganztag 14:30+", die die beiden Schulen mit einem hohen Anteil von Kindern mit erhöhtem Betreuungsbedarf gut hätten gebrauchen können. Die Entscheidung der Verwaltung und der Koalition nimmt diesen Kindern einen Teil ihrer Zukunft.

 

Die Fraktion FW/UWG hatte für die Sitzung des Kreistages am 4.April den Antrag gestellt, die Anhebung zu verschieben und gemeinsame Wege zu suchen, wie diesen Kindern und Familien geholfen werden kann. Dieser Antrag wurde leider mit den Stimmen der SPD/CDU und FDP abgelehnt.

 

Für Roßdorf kann diese Kompensation durch die Gemeinde nicht erfolgen. Schulträger ist der Landkreis. Das Land Hessen, als Initiator des Pakts für den Nachmittag sollte einen deutlich größeren Anteil übernehmen, denn wie es scheint, ist man wohl über die hohen Teilenehmerzahlen überrascht und hatte damit nicht gerechnet. Hinzukommt auch die sehr angespannte finanzielle Lage der Gemeinde Roßdorf. Vor allem wäre gar nicht klar, wie man das abwickeln soll, wenn z.B. ein Kind aus Roßdorf auf eine Schule geht die NICHT in Roßdorf ist. Oder was ist mit Schülern, die nicht aus Roßdorf kommen, aber hier zur Schule gehen? Warum sollte Roßdorf im Landkreis allein die Mehrbelastung tragen? Am Ende wurde darauf hingewiesen, dass man die Problematik der Erhöhung der Elternbeiträge auf höherer, auf Landesebene lösen müsse, um eine durch gemeindliche Subventionierung zu befürchtende Ungleichgewicht zwischen den Gemeinden bei der Versorgung ihrer Kinder zu vermeiden.

 

So sehr uns die Kinder der Gemeinde am Herzen liegen und so sehr WiR mit Sorge sehen, dass den Eltern immer mehr aufgebürdet und abverlangt wird, so können WiR es nicht vertreten, Geld auszugeben, dass die Gemeinde schlichtweg nicht hat und für das sie auch originär nicht zuständig ist.

 

Der Antrag wurde mit der Mehrheit der Stimmen abgelehnt.

 

WiR - Wir in Roßdorf e.V.

Matthias Monien

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